Lesen Sie den Bericht in OVB Online vom 23. November 2016:

Weil er aufgrund seiner Spielsucht in Geldnöten war, ist ein 20-jähriger Mann mehrmals in Stephanskirchen auf Diebestour gegangen. Dafür hat er vom Gericht jetzt die Quittung bekommen. Freigesprochen wurde hingegen ein Österreicher, den der Dieb der Hehlerei bezichtigt hatte.

Stephanskirchen/Rosenheim – Von Dezember 2015 bis Februar 2016 plünderte sich der in Kasachstan geborene Deutsche quer durch Stephanskirchen. Baustellen, Schrebergärten und Firmenfahrzeuge fielen ihm zum Opfer. Insgesamt waren jetzt vor dem Gericht in Rosenheim neun Fälle angeklagt, wobei noch eine ganze Reihe weiterer Verdachtsfälle eingestellt worden waren.

Er war, mit wenigen Ausnahmen, geständig, an den verschiedenen Orten in Stephanskirchen gestohlen zu haben. Allerdings habe er das gewissermaßen auf Bestellung gemacht. Sein Mitangeklagter habe bei ihm Rasenmäher, Gasflaschen und einen Katalytofen bestellt und er habe dann die Sachen eben gestohlen. Abgezapften Sprit habe er an einen Abnehmer verkauft, den er nur aus einer Kneipe und nicht näher kenne.

Der Vorsitzende Richter beim Jugendschöffengericht Hans-Peter Kuchenbaur hatte große Schwierigkeiten, den 20-Jährigen zu verstehen, da er nur gebrochenes Deutsch sprach und dazu zuweilen völlig Widersinniges oder Missverständliches von sich gab. Wann und was er zuerst gestohlen hatte, wusste er nicht mehr. Seine Stiefmutter habe ihm einfach seine Bankkarte weggenommen, deshalb sei er in Geldnöten gewesen. Erst nach und nach stellte sich heraus, dass er hochgradig spielsüchtig war. Dies sei wohl der Grund für den Verlust seiner Bankkarte gewesen.

Der zweite Angeklagte, ein 19-jähriger gebürtiger Österreicher, der angeblich die „Bestellungen“ aufgegeben habe, wies die Anschuldigung der Hehlerei weit von sich. Zu keiner Zeit habe er von dem früheren Freund irgendetwas gekauft, geschweige denn irgendeine Diebesware bestellt.

Vater entlastet seinen Sohn

Tatsache sei, dass sein Vater den Katalytofen vom 20-jährigen Angeklagten erworben habe. Nicht aber, weil der einen solchen bestellt habe. Vielmehr hätte der Dieb ihm einen solchen zum Kauf angeboten. Wobei sein Vater keine Ahnung davon gehabt hatte, dass dies Diebesgut gewesen sei. Sonst hätte er einen solchen von dem Dieb niemals angekauft.

Auch der Vater sagte als Zeuge aus und bestätigte die Angaben seines Sohnes. Auch die Polizei bezeugte, dass, abgesehen von dem Kalalytofen, keinerlei Diebesgut bei dem angeblichen Hehler aufgefunden worden sei. Hier beklagte der Richter, dass die Ermittlungsarbeit durchaus intensiver hätte sein können.

Nun nahm das Gericht den geständigen Dieb unter genauere Befragung. Dabei konnte dieser über die angeblichen Hehlereigeschäfte jedoch keine oder nur widersprüchliche Angaben machen. Auch waren etliche Zeitangaben nicht in Übereinstimmung zu bringen.

In seinem Schlussantrag äußerte der Staatsanwalt, dass es sich bei den Erkenntnissen über den Dieb nach seiner Überzeugung nur um die Spitze eines Eisberges handle. Zu verurteilen sei er nun aber nur wegen der bewiesenen und eingestandenen Taten. Er sei überzeugt, dass es sich bei diesem Angeklagten fraglos um „schädliche Neigungen“ im Sinne des Jugendstrafrechts handle und deshalb eine Jugendstrafe auszusprechen sei.

Allerdings könne die zur Bewährung ausgesetzt werden. Damit der aber nicht auf die Idee käme, dies käme einem Freispruch gleich, möge das Gericht ihm einen „Warnschuss-Arrest“ von einer Woche auferlegen. So könne er am eigenen Leib erleben, was ihm bei einer erneuten Straftat drohen würde. Der Vorwurf der Hehlerei gegen den zweiten Angeklagten habe sich nicht bestätigt, deshalb sei dieser freizusprechen.

Rechtsanwältin Gabriele Sachse erklärte als Verteidigerin des mutmaßlichen Diebes, es habe sich wohl zum Tatzeitpunkt um „schädliche Neigungen“ gehandelt. Das sei heute aber nicht mehr nachweisbar, deshalb möge ihm das Gericht eine Verurteilung ohne Strafausspruch auferlegen – möglicherweise mit einer kleinen Geldauflage. Ein Bewährungshelfer könne ihn dann auf dem Weg zurück zu einem straffreien Leben begleiten. Rechtsanwalt Andreas Leicher stimmte für seinen Mandanten dem Staatsanwalt voll inhaltlich zu und beantragte ebenso Freispruch.

Besuch in der Therapiegruppe

Das Gericht verurteilte den 20-jährigen Dieb zu acht Monaten Einheitsjugendstrafe, die es zur Bewährung aussetzte. Dazu bekam der Straftäter eine Woche Arrest und den Besuch einer Therapiegruppe auferlegt, um seiner Spielsucht Herr zu werden. Leider seien bei ihm weder Einsicht noch Reue erkennbar gewesen. Der junge Österreicher wurde dagegen frei gesprochen. au

http://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-land/durch-gemeinde-gepluendert-7004852.html

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