Bericht in OVB Online vom 14. März 2016 „Luftbuchungen mit gesperrtem Konto“

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Seit Jahren kauft der angeklagte Gebrauchtwagenhändler aus Krakau in Polen Fahrzeuge aus Deutschland, um sie im Heimatland weiter zu verkaufen. Damit hatte er bei vielen Händlern und Privatpersonen Vertrauen aufgebaut, das ihm bei seinen Geschäften immer hilfreich war. Das hat er nun schamlos ausgenutzt.

Rosenheim – In den Monaten Oktober/November 2014 hat er etliche Firmen und Personen in und um Rosenheim geprellt. Angeblich hatte er den Kaufbetrag überwiesen. Aber die Belege und Online-Überweisungen waren „getürkt“. Seine Bank hatte ihm nämlich längst das Konto gesperrt, mit dem er die Verkäufer befriedigen wollte.

Vor Gericht erklärte er, dass er dies nicht gewusst habe, er also gar keine Betrugsabsicht gehabt hätte. Weil sich dieses „Nichtwissen“ über angeblich sechs Wochen hingezogen hatte, vermochte der 29-jährige Pole das Gericht nicht zu überzeugen. Als er das damit belegen wollte, indem er erklärte, er hätte die ganze Zeit mit seiner Bankkarte bezahlen können, erntete er nur ungläubiges Kopfschütteln.

Tiefere Einblicke in die Untiefen des Gebrauchtwagenhandels gestattete einer der Geschädigten. Der Autohändler aus dem südlichen Landkreis berichtete, eines der beiden Fahrzeuge, die der Angeklagte veruntreut hatte, habe er nach großen Bemühungen aus Polen zurückholen können. Als er es dem Polen verkauft hatte, habe es einen Kilometer-Stand von 300 000 aufgewiesen. Als er den Wagen nach Monaten zurückbekommen hatte, habe der Tachostand plötzlich nur noch 150 000 betragen. Das Auto sei mit einer italienischen Zulassung unterwegs gewesen. Das sei umso seltsamer, als er die Fahrzeugpapiere damals zurück behalten hatte. Er habe das Fahrzeug dann glücklicherweise ins Ausland verkaufen können. Von einer Korrektur des falschen Tachostandes war dabei nicht die Rede.

Angeklagter stimmt Vergleich zu

Der Angeklagte gestand allen Geschädigten eine Schadenswiedergutmachung zu. Dabei stimmte er einem Gerichts-Vergleich zu, was einem Schuldtitel in der jeweiligen Schadenshöhe gleich kommt. Inwieweit diese Schuldtitel einbringbar sind, steht aber in den Sternen, weil diese in Polen eingetrieben werden müssten. Aus diesem Grunde stimmte der Autohändler aus dem Inntal einem solchen Vergleich nicht zu. Er hielt dies für ein „prozesstaktisches Verhalten“, das dem Angeklagten nur eine mildere Strafe verschaffen soll.

Nach längeren Diskussionen und einem Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwalt und Verteidigung war der Angeklagte schließlich zu einem Geständnis zu bewegen. Er habe sehr wohl gewusst, dass sein Bankkonto eigentlich keine Käufe zugelassen habe.

Der Staatsanwalt beantragte dem Verständigungsvorschlag entsprechend eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Rechtsanwalt Andreas Leicher beantragte die Gefängnisstrafe gegen seinen Mandanten mit 17 Monaten an zusetzten, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Stefan Tillmann entschied auf 19 Monate Gefängnis zur Bewährung. Ob der Pole ins Gefängnis muss, wird davon abhängen, ob er die Wiedergutmachung „nach Kräften“ betreiben wird. au

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