Lesen Sie den Bericht auf „lokalkompass.de“ vom 30. September 2016:

Hattingen: Amtsgericht Hattingen | Im April des letzten Jahres hatte ein aus Wien stammender 20-Jähriger eine damals gerade 14-Jahre alte Schülerin aus Hattingen über das Internet kennengelernt. „Wir waren ineinander verliebt und mussten alles im Geheimen machen“ sagte der Wiener vor Gericht aus und ergänzte, dass es seine erste richtige Freundin gewesen sei und er in dieser Zeit wegen seiner Verliebtheit vollkommen „neben sich gestanden“ hätte.

Seine Freundin, die unter einer Form des Autismus leidet, hatte ihm auch mitgeteilt, dass ihre Eltern streng seien und sicherlich gegen ihre Beziehung wären.
In kurzer Zeit danach war er wiederholt von Wien nach Hattingen gekommen und hatte die 14-Jährige, wenn sich die Minderjährige „offiziell“ bei ihren Großeltern aufhielt, drei Mal mit in verschiedene Hotels genommen, wo es einvernehmlich, so seine Aussage vor Gericht, zum „Austausch von Zärtlichkeiten“ gekommen sein soll.

Aufgrund seiner enormen Kosten für Hotel und jeweilige Anreise hatte dann die Schülerin ihrem Freund ihre gesamten Ersparnisse von 120 Euro gegeben.
Vor einem weiteren Treffen hatte dann aber die 14-Jährige ihren Eltern von ihrem Freund erzählt und ergänzt, dass es eine versuchte Vergewaltigung gegeben haben soll.

Nach einer daraufhin erstatteten Anzeige hatte der 69 Jahre alte Hattinger den Eindruck, die Polizei sei bei ihren Maßnahmen zu zögerlich. Er nahm sich vor, bei der nächsten Verabredung mit dem 20 Jahre alten Freund seiner Tochter selbst „zu sprechen“.

Weil er einige Gläser Whisky-Cola getrunken hatte, bat er seinen Sohn, ihn wegen „einer Aussprache mit einem Mann“ zu einem Hotelparkplatz nach Hattingen zu fahren, so die Einlassung des Hattingers jetzt vor dem Schöffengericht.

Die Anklage gegen ihn und gegen seinen 26 Jahre alten Sohn lautete auf gemeinsame gefährliche Körperverletzung, denn bei der Aussprache im Mai des letzten Jahres war es nicht geblieben.

Nach eigenen Angaben rastete der 69 Jahre alte Hattinger bei dem Gespräch mit dem aus Wien stammenden Freund seiner Tochter auf dem Parkplatz eines Hattinger Hotels aus. „Er schlug mehrfach mit der Faust auf den Österreicher ein, auch noch, als dieser verletzt am Boden kniete“, so ein Zeuge vor Gericht. 5 Tage Krankenhausaufenthalt wegen Gehirnerschütterung und Jochbeinbruch waren die Folge. Der Sohn des Angeklagten hatte während der Tat einfach „daneben“ gestanden und zugesehen.

In seinem Plädoyer forderte Staatsanwalt Ohls für den 69 Jahre alten nicht vorbestraften Hattinger wegen Körperverletzung 6 Monate Freiheitsstrafe, zur Bewährung ausgesetzt. Er beantragte weiterhin, den Sohn des Angeklagten freizusprechen, da nach seiner Auffassung weder eine gemeinschaftliche Handlung noch ein Vorsatz bei dem 26 Jahre alten ebenfalls angeklagter Hattinger gegeben war.

Rechtsanwalt Andreas Leicher aus Rosenheim, der den „verprügelten Wiener“ als Nebenkläger vertrat, hatte direkt zu Beginn der Verhandlung dem Schöffengericht eine Schmerzensgeldklage in Höhe von mindestens 4.500 Euro für seinen Mandanten überreicht und diese mit dem Strafverfahren verbinden lassen. Er forderte für beide Angeklagten eine Freiheitsstrafe von je einem Jahr, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.

Während Rechtsanwalt Ludwig für seinen 26 Jahre alten Mandanten Freispruch und die Rückweisung der Schmerzensgeldklage forderte, beantragte Rechtsanwalt Klein für den 69 Jahre alten Hattinger wegen der Körperverletzung eine Geldstrafe, verneinte jedoch eine Freiheitsstrafe und wies die Schmerzensgeldforderung der Nebenklage ebenfalls zurück.

Nach über 4 Stunden Hauptverhandlung verkündete dann Richter Johannes Kimmeskamp das Urteil des Schöffengerichtes. Er verurteilte den 69 Jahre alten Hattinger wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten und setzte diese für 2 Jahre zur Bewährung aus. Der Sohn des Angeklagten erhielt wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Körperverletzung eine Geldstrafe von insgesamt 900 Euro.

Beide Angeklagten wurden verurteilt, gemeinsam ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.500 Euro an den Wiener zu zahlen. „Selbstjustiz geht gar nicht“, so Richter Kimmeskamp in seiner Urteilsbegründung.

Gegen die Urteile können noch innerhalb von einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.

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