Lesen Sie den Bericht in OVB Online vom 17. Februar 2017:

Eine schwangere Angeklagte schickte das Gericht für zwei Jahre und vier Monate ins Gefängnis. Die ehemalige Bardame hatte einen Taxifahrer ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und im Internet 50 hochwertige Artikel auf seine Kosten bestellt.

Rosenheim – Wortreich schilderte die füllige Angestellte, dass sie regelmäßig von demselben Taxifahrer zur Arbeit gefahren worden sei. Mit der Zeit sei man sich deshalb nähergekommen – nur freundschaftlich wie sie betonte. Er habe sie wohl auch ein wenig angehimmelt und ihr deshalb Geschenke gemacht. Damals sei sie noch Bardame in einem Rosenheimer Nachtclub gewesen.

Mit seinem Einverständnis habe sie Bestellungen auf seinen Namen getätigt. Wenn der Taxler diese nicht bezahlt hätte, sei das nicht ihre Sache. Er habe ihr diese Einkäufe als Geschenk gemacht. Erst als er ihr sexuelle Avancen gemacht hätte und sie das ablehnte, hätte er sie schließlich angezeigt. Bargeld habe sie nie von ihm verlangt oder gar bekommen.

20000 Euro ohne Quittung

Der Taxifahrer (40) schilderte die Sache völlig anders. Sie habe erzählt, sie müsste Einkäufe für die Bar tätigen, weil sie den Chef vertrete, der ihr aber kein Geld dagelassen hätte. Über drei bis vier Monate hinweg habe er ihr an die 20 000 Euro gegeben. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Christian Merkel, warum er sich keine Quittungen habe ausstellen lassen, nickte der Zeuge gedankenverloren: „Das hätte ich wohl tun sollen.“

„Die Pakete“, so der Zeuge, „habe ich für sie nur in Empfang nehmen sollen. Ich habe diese auch für sie von der Post geholt.“ Sie habe ihm gesagt, ein Onkel würde die Rechnungen bezahlen. Das sei aber nie geschehen. Als sie ihm das Geld nicht zurückgab, ging er zu einem Anwalt, der ihm zur Anzeige bei der Polizei riet. Auf die Frage des Richters, warum er sich so lange und so frech habe betrügen lassen, fand der Geprellte keine Antwort.

Am zweiten Verhandlungstag sagte eine weitere Geschädigte aus. In dieser Sache war die Angeklagte aus ähnlichem Anlass im April 2016 bereits rechtskräftig verurteilt worden. Wie die Frau aussagte, hatte die Angeklagte sie im Spätherbst 2015 gebeten, Bestellungen an die Adresse der Zeugin aufgeben zu dürfen, weil sie selbst Probleme mit Nachbarn habe. „Das habe ich ihr zugestanden unter der Voraussetzung, dass die Sendungen c/o an mich gehen und sie als Rechnungsadresse ihre eigene angibt. Leider hat sie dann das fünfmal auf meinen Namen laufen lassen.“ Sie habe dies erst bemerkt, als Mahnungen kamen. „Als ich sie zur Rede stellte, behauptete sie, alle Waren zurückgesendet zu haben. Sie hat versucht, sich herauszureden“, so die Zeugin weiter. Schließlich habe sie die Sache zur Anzeige gebracht. Zu den aktuellen Vorwürfen konnte sie nichts sagen. Den Taxifahrer kannte sie nicht.

Angesichts der Beweislage schlug der Richter vor, die Angeklagte möge ihre bisherige Einlassung doch überdenken. Auch ein Rechtsgespräch brachte keine Verständigung zu Tage. Weil der Taxifahrer für die Bargeld-Überlassungen aus der Anklage keine Belege hatte, erklärten sich die Staatsanwältin und das Gericht bereit, hinsichtlich dieses Punktes das Verfahren einzustellen. Bezüglich der Betrugsvorwürfe bei den gelinkten Bestellungen könne aber nur ein Geständnis der Angeklagten weiterhelfen.

Schwanger in der 14. Woche

Nach einer neuerlichen Beratung mit ihrem Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Leicher, ließ sich die Angeklagte zu einem wachsweichen Geständnis herbei, das sie noch versuchte zu relativieren. Zudem verkündete sie dem Gericht, in der 14. Woche schwanger zu sein.

Davon unbeeindruckt erklärte die Staatsanwältin, die Angeklagte schlage sich skrupellos auf Kosten anderer durchs Leben, indem sie Kleidung, Accessoires und Kosmetika vom Feinsten bestellt habe. Reue oder Einsicht seien nicht zu erkennen. Sie beantragte eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Angesichts der Vorgeschichte plädierte sie dafür, keine Bewährung zu ermöglichen.

Der Verteidiger unterstrich das Geständnis und hielt wegen der besonderen Umstände eine Bewährung für möglich. So beantragte er zwei Jahre Gefängnis, die das Gericht zur Bewährung aussetzen könne.

Das Gericht folgte allerdings den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Angeklagte habe die Gutmütigkeit anderer ausgenutzt und den Taxifahrer ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Das Geständnis sei nur auf Druck des Gerichtes und zum spätmöglichsten Zeitpunkt gekommen. Anstatt Reue und Einsicht sei bei der Angeklagten lediglich eine hohe kriminelle Energie zu erkennen. Was ihre Schwangerschaft angeht, so gäbe es in der Justizvollzugsanstalt eine ausgezeichnete Entbindungsstation. au

https://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-stadt/ausgenommen-eine-weihnachtsgans-7409975.html

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