Lesen Sie den Bericht in OVB Online vom 7. September 2017: Vor dem Jugendschöffengericht in Rosenheim hatte sich ein 18-jähriger Kolbermoorer zu verantworten – wegen Drogenbesitzes und wegen Diebstahls.

Rosenheim – Gleich mehrere Straftaten brachten den arbeitslosen jungen Mann aus Kolbermoor mit dem Gesetz in Konflikt. Im vergangenen Jahr soll er dreimal kleine Mengen Marihuana gekauft haben. Die Polizei hatte den Angeklagten zudem am Rosenheimer Bahnhof im März mit einer Konsumeinheit Marihuana und im Mai mit fünf Ecstasy-Tabletten angetroffen.

Richtig Ärger und ein Verfahren vor dem Jugendschöffengericht brachte ihm aber eine nächtliche Diebestour mit vier Freunden ein. Zusammen hatten sie sich nach wiederholten Einbrüchen in einen Supermarkt in Bad Feilnbach und in ein Sportgeschäft in Traunstein ein Fachgeschäft für Radsport mit angrenzender Tankstelle in Traunreut als lohnendes Ziel ausgemacht.

Angeklagte sollte Schmiere stehen

Der Angeklagte sollte dabei laut eigenen Angaben Schmiere stehen. Doch dabei war es nicht geblieben. Am 6. April gegen 3 Uhr morgens versuchte einer der Täter vergeblich, mehrere Fenster aufzuhebeln. Schließlich brach er eine zweiflüglige Glastür mit einem Geißfuß auf. Der Angeklagte stieg mit dem Haupttäter und einem weiteren Begleiter in die Geschäftsräume ein und entwendete Handschuhe, Bargeld und elektronische Steuerungsgeräte. Anschließend warf er die Scheibe zur angrenzenden Tankstelle ein und die Angeschuldigten entwendeten dort 60 Stangen Zigaretten und diverse Getränke. Der Gesamtschaden wurde auf rund 4500 Euro geschätzt.

Nachdem er sich bei seiner polizeilichen Vernehmung noch etwas spröde gezeigt hatte, räumte der Angeklagte vor dem Jugendgericht sämtliche Tatvorwürfe umfassend ein. Er sei Marihuanakonsument und der Besitz sei ausschließlich für den Eigenbedarf gewesen. Das Ecstasy habe er für einen Freund aufbewahrt, dessen Namen er allerdings nicht nennen wollte. Die Beteiligung am Diebstahl sei ein Fehler gewesen, sagte der Angeklagte. „Ich war naiv“. In der Schule sei er stets gemobbt worden. Er habe bei der Aktion mitgemacht, um bei seinen Freunden nicht zum Außenseiter zu werden. Die Beute sollte später untereinander aufgeteilt werden. Bei der Tat habe er kalte Füße bekommen, doch die Freunde hätten ihn verhöhnt und gedroht, dass „was passiert“, wenn er nicht mitmache. Plötzlich sei er mittendrin gewesen. Dann hätten sich die Ereignisse überstürzt. Ein Mann habe die Polizei verständigt. „Schnell weg, die Bullen kommen“, habe einer gerufen und dann habe man sich aus dem Staub gemacht. Die Aussagen seiner Mittäter und ein Schuhabdruck am Tatort bestätigten mit großer Wahrscheinlichkeit die Tatbeteiligung aus Sicht des Sachbearbeiters der Kripo Traunstein.

Erziehungsdefizite festgestellt

Die Täter waren kurz nach der Tat von der Polizei gefasst worden. Das Diebesgut wurde unversehrt in einem Waldstück neben der B304 in Richtung Traunstein aufgefunden und dem Eigentümer zurückgegeben.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe stellte in der sozialpädagogischen Einschätzung deutliche Erziehungsdefizite fest. Der Angeklagte habe bisher keine Angebote zur Berufsfindung angenommen und brauche dringend eine Tagesstruktur. Da Reifeverzögerungen nicht auszuschließen waren, wurde Jugendstrafrecht angeregt.

Als Ahndung wurden 20 Sozialstunden wöchentlich, ein Abstinenzgebot und Termine bei der Suchtberatung vorgeschlagen. Auch ein Arrest erschien hilfreich. Die Anklagevertretung forderte aufgrund der „erheblichen Straftaten und der erheblichen Erziehungsmängel“ eine Jugendstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung und einen zweiwöchigen Warnschussarrest und folgte im Übrigen den Ausführungen der Jugendgerichtshilfe.

Ebenso wie das Jugendschöffengericht, das allerdings neun Monate Jugendstrafe und einen einwöchigen Arrest für ausreichend erachtete. Der Angeklagte sei geständig, bisher nicht vorbestraft und das Diebesgut sei zurückgegeben worden. Allerdings sei ohne erzieherische Einwirkung mit weiteren Straftaten zu rechnen, befürchtete Richter Hans-Peter Kuchenbaur. Verteidiger Andreas Leicher hatte für eine sechsmonatige Jugendstrafe ohne Arrest plädiert. Aus seiner Sicht hatten das Verfahren und die Hauptverhandlung schon ausreichend Eindruck auf seinen Mandanten gemacht.

Urteil: Neun Monate auf Bewährung

Das Jugendschöffengericht verurteilte den Mann zu einer Jugendstrafe von neun Monaten auf Bewährung. Ein einwöchiger Dauerarrest, wöchentlich 20 Stunden gemeinnützige Arbeit bis zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit und ein Abstinenzgebot sollen die Strafe spürbar machen und erzieherisch einwirken. ca

https://www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-stadt/dringender-erziehungsbedarf-8661315.html

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