Rosenheim – Hat ein Rosenheimer Verkäufer fünffach Politiker bedroht oder wurde sein Account gehackt und missbraucht? Diese Frage versucht das Amtsgericht Rosenheim unter dem Vorsitz von Richterin Julia Vogel zu klären. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den 36-jährigen Rosenheimer einen Strafbefehl beantragt, gegen den der Rechtsanwalt Andreas Leicher im Auftrag des Angeklagten Einspruch einlegte. So kam die Strafsache vor das Amtsgericht.
Laut Anklage hatte der Rosenheimer im Januar 2022 auf Twitter dazu aufgerufen, das politische System zu beseitigen, und sich gegenüber dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, gegenüber dem Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak (CSU), der Bundesvorsitzenden der Grünen, Ricarda Lang, der Bundestagsabgeordneten Maja Wallstein (SPD), Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer zu Morddrohungen verstiegen. Darüber hinaus habe er das russische Zeichen „Z“ für den Überfall auf die Ukraine verwendet und dadurch den Angriffskrieg Russlands unterstützt.
Dazu erklärte der Angeklagte, er habe niemals einen Account von Twitter benutzt. Es sei allerdings technisch möglich, dass ein ihm Unbekannter einen alten, von ihm seit über zwei Jahren nicht mehr benutzten Account bei Google+ missbräuchlich zu diesem Zweck benutzt hat. Auf diesen Google+-Account hätten damals mehrere andere Nutzer Zugriff gehabt, weshalb eine missbräuchliche Nutzung durch Dritte gegeben sein müsse. Er selbst habe keine dieser vorgeworfenen Meldungen verfasst.
Darüber hinaus sei er höchst erstaunt darüber, dass niemals nach der IPAdresse des tatsächlichen Absenders geforscht worden sei. Offensichtlich sei bei den Ermittlungen ausschließlich nach belastenden Faktoren gesucht worden. Entlastende Umstände seien durchweg vernachlässigt worden.
Der Staatsanwalt erklärte, dass solche Umstände durch IT-Sachverständige überprüft werden müssten, weil er dazu verständlicherweise keine Aussage treffen könne. Die Vorsitzende erklärte dem Angeklagten, dass er im Falle eines Schuldspruches mit erheblichen Kosten für ein solches Gutachten rechnen müsse. Dies, so der Angeklagte, nehme er gerne in Kauf, weil er sich keiner Schuld bewusst sei.
Das Verfahren wird bis zu einer gutachterlichen Klärung ausgesetzt.