Weil sie ihre Mutter bzw. Großmutter, die im Heim lebt, um über eine Million Euro betrogen haben, müssen Vater und Tochter aus Frauenneuharting ins Gefängnis.
Frauenneuharting – Über eine Million Euro waren es, die ein 67-Jähriger und seine 37-jährige Tochter aus der Gemeinde Frauenneuharting insgesamt vom Konto ihrer Mutter bzw. Großmutter ohne deren Zustimmung genommen hatten. Vor dem Ebersberger Amtsgericht wurden beide wegen Untreue zu Haftstrafen verurteilt.
Über zwei Jahre hinweg nutzten sie die Vollmacht, die die 94-jährige, im Heim lebende, Frau ausgestellt hatte. Mal waren es kleinere Beträge wie 200 Euro, dann mehrere tausend Euro. Seinem Sohn überwies der 67-Jährige 100 000 Euro vom Konto der Oma und seiner Tochter 400 000 Euro.
Das Ganze sei schon so lang her, er erinnere sich kaum noch, erklärte der 67-Jährige vor Gericht immer wieder. Er erinnere sich weder, dass er überhaupt eine Vollmacht besessen habe, noch, dass er damit Bankgeschäfte für seine Mutter habe erledigen dürfen. Die Unterschrift auf dem Dokument sei auch nicht die Seine und wie viel Geld er damals (2019) insgesamt abgehoben habe, das wisse er auch nicht mehr. Er habe damals sehr an einer Krebserkrankung gelitten, habe nur die Aufträge seiner mittlerweile verstorbenen Frau ausgeführt.
Auf Frage des Richters kommt nur ein Schulterzucken
„Und Sie sind einfach zur Bank gedackelt, ohne mal zu sagen, Entschuldigung, das ist das Geld meiner Mutter?“, hakte Richter Frank Gellhaus nach. Die Antwort: Ein Schulterzucken. Die Barauszahlungen kleinerer Beträge seien für ihn gewesen, erklärte er zunächst, später revidierte er seine Einlassung und erklärte, das Geld tatsächlich für Ausgaben seiner Mutter genutzt zu haben. Nur 19 000 Euro der habe er tatsächlich für sich genommen.
„Das geht nicht auf“, rechnete die Staatsanwältin vor, woraufhin der Verteidiger des 67-Jährigen erklärte, die Schadenssumme sei wohl etwas höher, als angeklagt. „Nennen wir es ein überschießendes Geständnis.“
Tochter gesteht ohne Umschweife: Geld für Reitanlage gebraucht
Die Tochter gestand ohne Umschweife. Sie habe zwar bereits bei den jeweiligen Abhebungen ein schlechtes Gewissen gehabt, aber sie habe das Geld für die Reitanlage gebraucht. Gleichzeitig habe sie von ihrem eigenen Geld ihr Wohnhaus gebaut; Eigenkapital sei zwar auch in die Reitanlage geflossen, „aber nur wenig“. Sie habe mit ihrer Oma gesprochen, ob diese ihr eventuell Geld für den Hof leihen würde, erklärte die 37-Jährige im Bezug auf die 400 000 Euro, wegen der ihr Vater angeklagt war. Die 94-Jährige sei einverstanden gewesen, allerdings sei die Höhe der Summe nie zur Sprache gekommen.
„Es war ein Fehler“, erklärte die Angeklagte. Sie habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, ihr Haus zu verkaufen, um das Geld zurückzahlen zu können. Jetzt muss sie es, andernfalls droht ihr wegen eines Urteils des Zivilgerichts die Zwangsversteigerung. „Es tut mir leid“, betonte sie in ihrem letzten Wort.
Schöffengericht sagt: „Die Strafen müssen hart sein“
Haftstrafen von drei Jahren und drei Monaten sowie drei Jahren und sechs Monaten forderte die Staatsanwältin. Es sei ein verwerfliches Verhalten gegenüber der Mutter und Großmutter, das die beiden an den Tag gelegt haben – „moralisch sowieso“. Auf zwei Jahre, und damit die Möglichkeit zur Bewährung, plädierte der Verteidiger des Vaters. Zwei Jahre auf Bewährung und der Rest als Geldstrafe, lautete des Plädoyer des Verteidigers der Tochter.
Doch das Schöffengericht ließ sich nicht darauf ein: „Die Strafen müssen hart sein, das Gericht sieht hier keine andere Möglichkeit im Hinblick auf den Modus Operandi“, erklärte Richter Gellhaus. Die „exorbitante Schadenshöhe“ und das gewerbsmäßige Handeln führten zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten für den 67-Jährigen und zwei Jahren und zehn Monaten für die 37-Jährige. „Die Oma konnte sich nicht mehr wehren und sie haben nichts anderes zu tun, als den Goldesel zu melken“, begründete der Richter das Urteil. Das Geld müssen sie zurückzahlen.
Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Über ihren Anwalt kündigen beide Beschuldigte an, in Berufung gehen zu wollen.*
Der Artikel wurde nachträglich um die beiden Informationen ergänzt, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und beide Beschuldigten in Berufung gehen wollen.