Bericht in OVB Online vom 21. April 2016 „Eine unheilvolle Allianz“

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Aschau/Rosenheim –  Ein Ehepaar mit kriminellen Vorlieben hat das Amtsgericht Rosenheim beschäftigt. Bis zum Herbst 2014 hatten beide im Raum Aachen ihr Unwesen getrieben.

Bevor das Paar im Juli 2015 heiratete, hatte die 33-jährige Ehefrau 16 Einträge im Vorstrafenregister angesammelt. Ihr 27-jähriger Ehemann stand ihr mit zwölf Verurteilungen nicht viel nach. Allerdings handelte es sich bei ihm ausschließlich um Geldstrafen, während sie bereits viermal zu Haft verurteilt worden war.

Danach zog es sie in den Chiemgau, vielleicht war ihnen in Aachen der Boden unter den Füßen zu heiß geworden, vielleicht hatten sie auch darauf gehofft, wirklich „neu anfangen“ zu können. Noch bevor sie als Sozialhelferin oder Krankenschwester – in beiden Berufen hatte sie schon gearbeitet – eine Anstellung hatte, mieteten sich die Beiden in eine komfortable Ferienwohnung in Aschau ein. Der Vermieterin machte die Angeklagte weis, sie bekäme bald eine Anstellung in der Kinderklinik Aschau.

Keine Miete für Wohnung bezahlt

Davon konnte allerdings keine Rede sein. Überhaupt führte nahezu ausschließlich in allen Belangen die Angeklagte das Wort. Mit dieser Redegewandtheit brachte sie auch ein Autohaus im Chiemgau dazu, ihr einen gebrauchten Audi A6 zu überlassen, ohne dass sie auch nur einen Cent vorab zu begleichen hatte. Weder bezahlte das Pärchen seine Miete, noch erfolgte eine Überweisung an das Autohaus.

Ohne Versicherungsschutz – man hatte niemals eine Prämie bezahlt – fuhr das Paar durch Oberbayern, bis die Angeklagte bei Salzburg einen Unfall verursachte. Das Paar ließ das Auto in einer Werkstatt stehen und setzte sich ab in die alte Heimat. Dort wurden im Februar dieses Jahres beide verhaftet und nach Rosenheim überstellt, wo sie sich vor der Richterin Christina Wand zu verantworten hatten.

Schnell wurde klar, dass die Angeklagte in diesem Tandem der aktive, der treibende Faktor war. Ihren Ehemann versuchte sie auch selber in Schutz zu nehmen und war bemüht, sich im Wesentlichen als Alleinschuldige darzustellen. Der arbeitslose und berufslose Ehemann wurde vom Gutachter, Psychiater Rainer Gerd aus dem Inn-Salzach-Klinikum als minderbegabt mit einem IQ von 80 eingestuft. Dazu komme, dass er als ehemaliger Drogenabhängiger gerichtlich unter Betreuung gestellt worden sei. Mit dieser Betreuung war dann seine Ehefrau beauftragt worden. Das sei natürlich eine unheilvolle Allianz gewesen. Allerdings könne trotzdem nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte in irgendeiner Weise schuldunfähig gewesen sei. Er habe wohl blauäugig seiner Partnerin vertraut, hätte aber dennoch deren Verhalten hinterfragen können und müssen.

Autohaus blieb auf Kosten sitzen

Der Autoverkäufer bestätigte, dass man den Wagen zurückbekommen und den Unfallschaden behoben habe – aber auf den Kosten sitzengeblieben sei. Auch die Vermieterin in Aschau hat bis heute keinen Cent gesehen.

Die Staatsanwältin sah alle Punkte der Anklage bestätigt. Auch sie sah bei dem Angeklagten keinen Zweifel an dessen Mittäterschaft. Weil jedoch offensichtlich die Frau die treibende Kraft gewesen sei, beantragte sie, gegen diese eine Gefängnisstrafe von 22 Monaten zu verhängen. Aufgrund der vielen einschlägigen Vorstrafen sei eine Aussetzung zur Bewährung unmöglich. Dem Ehemann hielt sie zugute, dass er wirklich „nur“ Mittäter gewesen sei. Eine Gefängnisstrafe von 15 Monaten sei hier dennoch angemessen. Weil es aber dessen erste Haftstrafe sei, könne man diese zur Bewährung aussetzen.

Rechtsanwalt Hans Sachse der die Frau verteidigte, verwies darauf, dass der tatsächlich eingetretene Schaden nicht so hoch sei wie in der Anklage genannt. Außerdem sei den beiden der betrügerische Autokauf relativ leicht gemacht worden. Er beantragte eine Haftstrafe von elf Monaten. Dass eine Bewährungsstrafe nicht in Betracht kommen könne, war auch ihm klar.

Rechtsanwalt Andreas Leicher, der den Ehemann vertrat, zeigte nochmals auf, unter welch negativem Einfluss sein Mandant durch seine gerichtlich bestellte Betreuerin stand. Er griff den gutachterlichen Begriff der „unheilvollen Allianz“ auf und betonte, dass der Angeklagte nun diesem Einfluss entzogen sei, nachdem die Ehefrau voraussichtlich für längere Zeit in Haft gehen würde. Eine Haftstrafe von acht Monaten sei gerechtfertigt, könne zur Bewährung ausgesetzt werden.

Bewährungshelfer für den Ehemann

Das Gericht verurteilte die Angeklagte zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung. Weil noch die Folgen einer Reihe von vorherigen Verurteilungen zu verbüßen sind, wird sie für längere Zeit hinter Gefängnismauern verschwinden. Der Ehemann erhielt eine Gefängnisstrafe von zwölf Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Allerdings wurde ihm ein Bewährungshelfer beigeordnet. au

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